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Isla Ometepe – Erlebnis in Mittelerde

Nachdem wir uns endlich von Granada losreisen können steht die genauere Erkundung des riesigen Nicaraguasees auf dem Reiseplan. Ziemlich in der Mitte gibt es eine große Insel die „nur“ aus zwei Vulkanen verbunden mit einer Landbrücke besteht. Das besagt auch der Namen Ometepe –  Insel der zwei(ome) Hügel(tepeth). Sie ist weltweit die größte Vulkaninsel in einem Süßwassersee – klingt nach Abenteuer.

Tatsächlich ist bereits die Anfahrt ein ausgewachsenes Reiseabenteuer:

Von Granada aus gibt es zweimal pro Woche eine Fährverbindung auf die Insel. Wir suchen uns die Fähre donnerstags um 14 Uhr aus. Eine Stunde vor Abfahrt voll man am Steg sein – auch das kriegen wir natürlich pünktlich hin. Schließlich wollen wir die einzige Fähre für 4 Tage nicht verpassen .. wobei  4 Tage mehr in Granada auch verlockend sind. Am Hafengebäude angekommen ist zunächst nicht viel los. Eine Frau auf einem Plastikstuhl erklärt uns .. die Fähre?? Die fährt heute um 17 Uhr. Oh man .. wieso?!? Wir hatten die Verbindung extra im Internet nachgeschaut und im Hostel gefragt! Um 17 Uhr – hilft alles nichts. Ein Grund ist nicht herauszufinden. Vielleicht ist grad Vollmond oder die Sterne stehen ungünstig. Wenn ich ehrlich bin will ich es auch gar nicht wissen ..

Wir fahren also mit dem Taxi zurück in die Stadt und lassen uns in einem Kaffee nieder. Die Fähre braucht 4 Stunden von Granada bis zur Isla Ometepe. Wenn wir erst um 17 Uhr starten ist es dunkel wenn wir ankommen ..

.. das Abenteuer nimmt seinen Lauf.

Die Fähre startet gegen 17.30 Uhr – das ist für Nicaragua mehr als pünktlich. Wir genießen den frischen Fahrtwind und die herrliche Aussicht auf die immer kleiner werdende Stadt. Etwas traurig sind wir hier wegzufahren! Am Horizont erstreckt sich auch der Vulkan Mombacho. Es dämmert, Sonnenuntergang. Wunderschön – mit Worten nicht zu beschreiben. Der Vulkan hat eine Wolkenmütze bekommen und taucht sich alle 5 Minuten in einen anderen Farbton. Fast die gesamte Überfahrt sitze ich draußen und träume vor mich hin – lasse mich verzaubern. Ich habe selten so einen Sonnenuntergang miterlebt – aber wann hat man schonmal einen Vulkan als Panorama?!

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Als wir auf der Isla Ometepe ankommen ist es nach 21 Uhr und stockdunkel. Bereits während der Fahrt hat ein Einheimischer versucht Hostelzimmer und Transporte zu verkaufen. Wir haben uns nicht so wirklich angesprochen gefühlt, da wir bereits ein Hotel ins Auge gefasst hatten. Wie wir dahin kommen .. wird schon irgendwie ..

An der Anlegestelle der Fähre stehen ein Bus, ein Auto und ein Motorrad-Tuktuk. Ein Motorrad- Tuktuk ist in Moped mit einem Anhänger – der mehr oder weniger nur aus einer Sitzbank für zwei Personen und einem Dach besteht. Der Bus ist recht schnell voll mit Leuten, die dem Einheimischen von der Fähre folgen. Das Auto scheint auf eine Familie zu warten. Bleibt das Tuktuk.

Wir verhandeln den Preis, versuchen unser Gepäck irgendwie unterzubringen, steigen ein und? Nichts .. es springt nicht an. Nach gefühlten 20 Versuchen. Nichts. Als nächstes versucht der Fahrer nicht den Knopf zu betätigen, sondern 2 Drähte die so umherhängen aneinander zu halten. Nichts.

Mittlerweile haben der Bus und das Auto das Gelände verlassen. Es sind jetzt dort noch ein paar Männer (Einheimische), ein Sicherheitsbeauftragter und wir. Jetzt denken sicher alle. Ist doch egal, ruft man ein Taxi, nimmt einen Bus oder läuft. Weit gefehlt! Hier gibt es nichts! Unser Hotel ist 14 Kilometer entfernt und die Insel besteht nur aus Dschungel, zwei Vulkanen, ein paar Hütten und natürlich Einheimischen.

Als nächstes versucht man das Tuktuk anzuschieben. Immer wieder werden wir (noch immer drin sitzend) zurückgeschoben und mit Schwung wieder nach vorn. Das alles auf einem Feldweg mit diversen Schlammlöchern. Zum Glück sind wir nicht mit dem Fahrer allein – dann müssten nämlich wir schieben! Doch auch diese Methode hat keinen Erfolg. Das Teil springt und springt nicht an.

Gesprächsbrocken der Männer verstehen wir auch. Der Fahrer wird unsanft darauf aufmerksam gemacht halt einfach mal zu tanken. Er beteuert immer wieder, dass es nicht daran liegt – der Motor hätte sogar zuviel Benzin. Und in der Tat hört es sich so an als ob er eher ertrinkt.

Jetzt machen sich die Männer hinten am Motor des Tuktuks zu schaffen. Eine Klappe wird geöffnet und diverse Teile ausgebaut. Mittlerweile ist Daniel ausgestiegen um sich das Ganze Spektakel genauer anzusehen. Ich bleibe sitzen, bewache unser Gepäck und überlege mir einen Schlachtplan (womit ich nicht wirklich weit komme). Währenddessen zwinkert mir immer wieder ein junger Einheimischer zu .. oh man irgendwie habe ich gerade andere Sorgen.

Nach ein paar Minuten sind die Teile wieder drin und man versucht erneut das Teil zu starten, anzuschieben .. Nichts!

Also wieder Klappe auf, Teile raus .. und? Was zum Teufel machen die da? Jetzt brennen sie irgendein Teil aus!! Mit Feuer!! Anscheinend um das überschüssige Benzin zu beseitigen. Aber das Teil hat ja auch sicher noch einen Tank gefüllt mit Benzin. Hallo?!? Egal, Feuerzeug her. Ich komme so langsam ins Schwitzen, schaue Daniel an – er schaut zurück. Wir hoffen beide, dass die wissen, was sie da tun.

Wieder wird das Innere des Tuktuks zusammengebaut. Wieder wird geschoben. Mittlerweile hat man eine Rampe an der Anlegestelle entdeckt. Auf die schiebt man mich jetzt rückwärts. Ich schaue die ganze Zeit nach hinten, wo es natürlich ohne Netz und doppelten Boden 2 Meter nach unten ins Wasser geht – ich schwitze weiter und mittlerweile überlege ich mir auch zu beten. Dann mit viel Schwung nach vorn – nach unten auf die Schlagloch- Schlammpiste .. und? Nichts! Man versucht das ganze Spiel aber noch 2 – 3 Mal – könnte ja ein Wunder geschehen. Eher tut sich die Erde auf und wir verschwinden alle darin ..

Nach etwa 1,5 Stunden ohne Erfolg werden wir langsam unruhig und die Männer anscheinend auch. Es ist jetzt ca. 23 Uhr und ich habe das Gefühl es wird immer dunkler.

Es hilft alles nichts, die Männer erkennen, dass ein anderes Fahrzeug her muss. Der zwinkernde junge Mann läuft oder besser gesagt rennt davon und kommt nach kurzer Zeit mit einem Motorrad wieder. Sogar einem Motocross- Teil, was ziemlich geländetauglich aussieht. Man schnallt unsere 2 großen Rucksäcke hintendrauf. Festgemacht wird das Ganze (immerhin ca. 40 Kilo!!) mit EINEM Gummiband. Er setzt sich drauf und zwinkert mir zu. Soll ich etwa?!? Mit ihm?!? 14 Kilometer durch den Dschungel?!? Allein?!? Auf gar keinen Fall!!!

Nach längeren Verständigungsschwierigkeiten stellt sich aber heraus, dass auch Daniel mitsollte. Wir dachten er fährt vielleicht zweimal .. ?!? Typisch Einheimische. Die transportieren ja auch ganze Familien und Kleiderschränke mit den Motorrädern. Aber als wir ihm unsere 2 kleinen Rucksäcke zeigen und mit den Schultern zucken, erkennen die Männer, dass das nix wird. Zum Glück!

Nach einer kleinen Diskussion rennt der junge Mann wieder los und holt ein zweites Motorrad. Diesmal aber nur ein Motorrad oder besser gesagt ein Mofa. Keine Ahnung wie man diese Teile nennt – es sieht aber nicht wirklich vertrauenswürdig aus. Es ist 23.30 Uhr.

Daniel nimmt also die zwei kleinen Rucksäcke und das Mofa mit einem Einheimischen. Ich nehme die zwei großen Rucksäcke, den Zwinkereinheimischen und das Motocross. Das ganze setzt sich in Bewegung ..

Um das Hafengelände zu verlassen muss man einen kleinen Berg nach oben fahren. Genau bis zu diesem Berg kommen wir auch. Ich schreie „No“, der Zwinkereinheimische denkt sicher, die hat nur Angst .. ich schreie wieder „No“ .. er hält nicht an .. und .. klatsch .. liegen die zwei 40 Kilo Rucksäcke auf dem Feldweg. Hat der gedacht, ich kann die festhalten?!? Ich habe damit zutun mich selbst festzuhalten ohne allzu viel Körperkontakt mit dem Zwinkereinheimischen zu haben!

Jetzt verteilt man die Rucksäcke auf beide Motorräder. Das macht es natürlich nicht viel besser, denn ein einfaches Gummiband hält nunmal keine 20 Kilo auf einem Feldweg! Wir setzen uns wieder in Bewegung – diesmal mit Erfolg. Es geht ein paar hundert Meter durchs Dorf. Plötzlich kommt die Mama vom Zwinkereinheimischen aus einer Hütte gerannt und steckt ihm mit den Worten „para gasolino“ einen Geldschein zu. „Para“ heißt für und „gasolino“ heißt Benzin. Soll das heißen ..

.. JA genau! Am Ortsausgang ist eine Tankstelle. Es ist 23.45 Uhr .. und natürlich hat die zu!! Es hilft kein Hupen und Schreien. Es hilft auch kein beten. Keiner da. Also kein Benzin. Ich schwitze immer noch oder schon wieder?!

Wir müssen unterwegs immer wieder auf das zweite Motorrad warten. Besser gesagt nötige ich den Zwinkereinheimischen zum Warten. Der wäre natürlich am liebsten auf und davon gefahren. Der Weg ist teilweise richtig felsig, sodass Daniels Mofa etwas länger braucht. Später erzählt er mir noch dass sie fast zweimal gestürzt wären und er die ganze Zeit den Rucksack festhalten musste. Meiner hält zum Glück fast allein und auf dem Motocross ist es etwas sicherer.

Sicherer solange es fährt. Denn plötzlich geht es aus! Tja kein Benzin mehr! Ich schwitze und BETE!!

Wir steigen ab und warten auf das Mofa. Das wird dann kurzerhand geschüttelt um den Benzinstand festzustellen. Zum Glück plätschert da etwas! Der Zwinkereinheimische verschwindet im Straßengraben und organisiert eine leere Plastikflasche. Das erste Mal hat es einen Sinn, dass der Müll hier einfach auf die Straße geworfen wird. Benzinschlauch ab und angezapft. Es tröpfelt. Zum Glück!

Es geht also weiter mit ca. 400 ml Benzin. Nach weiteren 7 Kilometern kommen wir tatsächlich in dem Hotel an!! Ich habe nicht mehr daran geglaubt!!

Der Sicherheits- Nachtwächter gibt uns ein Zimmer. Ein Bett, ein Dach über dem Kopf – ich bin erleichtert.

Wie die beiden jemals zurückgekommen sind – ich habe keine Ahnung. Auf jeden Fall fängt es ca. 15 Minuten später das Schütten an als gäbe es kein Morgen mehr!

Es ist 1 Uhr und wir fallen ins Bett – für heute genug Reiseabenteuer!

An diesem Abend – besser gesagt in dieser Nacht gab es mehrere Momente in denen wir sehr tief durchgeatmet haben. Ein ideale Gelegenheit sich darin zu üben gelassener zu werden. Und auch eine ideale Gelegenheit zu lernen den Menschen zu vertrauen. Denn es wäre ein Leichtes gewesen uns einfach stehen zu lassen ..

Unser Hotel liegt direkt am Seeufer. Den nächsten Morgen lassen wir ruhig mit einem Frühstück und einer guten Aussicht angehen. Wir sind tatsächlich in Mittelerde. Vor uns der See, direkt hinter uns der große Vulkan und in der Ferne der zweite kleinere Vulkan. Mystisch!

Die Sonne strahlt vom Himmel und wir lassen uns auf den Liegestühlen am Seeufer nieder. Von hier aus kann man wunderbar den Leuten beim Waschen zuschauen. Man kann hier alles waschen. Sich selbst, Wäsche, Tiere .. alles im See. Sehr praktisch. Jede Familie scheint einen eigenen „Waschtisch“ oder „Waschstein“ im See zu haben. Auch die Hotelwäsche wird in großen Plastikschüsseln in den See gebracht. Schon eine Leistung Bettlaken, Decken und Badetücher über die Steine zu schrubben. Nicht weit entfernt baden Hunde, trinken Kühe und ein Einheimischer wäscht sein Pferd. Später stehe ich am Ufer und genieße den Blick auf den kleinen Vulkan Maderas (1.400 Meter) als eine junge Frau an mir vorbei ins Wasser steigt. Sie taucht unter und beginnt ihre langen schwarzen Haare mit einer Probepackung head and shoulders zu waschen. Ob sich die Macher von head and schoulders schonmal überlegt haben, dass das auch in Seen und Flüssen verwendet wird?!?

Der große Vulkan Concepción erstreckt sich mit seinen 1.600 Metern wirklich direkt hinter unserem Hotel. Er schaut schüchtern aus dem Wald und hinter den Wolken hervor. Mit seinen regelmäßigen Eruptionen sorgt er für einen extrem nährstoffreichen Boden auf der Insel. Auf Ometepe herrscht ein ganz eigenes Klima. Hier gibt es eine Arte Nebelwald. An den Hängen des kleineren Vulkans Maderas findet man den „Ardisia ometepensis“ – eine Baumart die es nur hier auf dieser Insel gibt. Die beiden Vulkane und die Landbrücke dazwischen geben der Insel die Form einer Acht. Man fühlt sich wie in Mittelerde. Ein wundervolles Stück Natur!

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Der Sage nach entstanden die Inseln Ometepe und Zapatera sowie der Nicaraguasee aus einer tragischen Liebesgeschichte. So verliebte sich der angesehene Nagrando in die wunderschöne Häuptlingstochter eines Nachbarstammes mit dem Namen Ometeptl. Beide Indianerstämme waren jedoch über Gebietsansprüche und Machtfragen zerstritten. Nach dem Gesetz der Vorfahren war eine Liebe zwischen verfeindeten Stämmen verboten. Das Paar musste daher schon bald aus den Heimatdörfern fliehen und versteckte sich in einem Tal. Da ihre Liebe jedoch nicht verheimlicht blieb, wurden sie von ihren Stammesangehörigen verfolgt. Schließlich entschlossen sich beide aus Verzweiflung zum Selbstmord und schnitten sich die Pulsadern auf. Ometeptl stürzte nach hinten, Nagrando taumelte noch ein paar Schritte und stürzte ebenfalls nieder. Das Blut beider füllte das Tal aus und bedeckte ihre Körper – der heutige Nicaraguasee. Von Ometeptls Körper ragen nur ihre Brüste über den Wasserspiegel, die heutigen Vulkane Concepción und Maderas. Vom Körper Nagrandos sieht man nur noch, etwas entfernt, die Spitzen der Insel Zapatera.

By Janine on Juni 21, 2013

Comments:2

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  1. Antworten mummel 15.08.13

    ein wunderschöner Bericht , schön Janine
    Deine Mama

  2. Antworten Jörg Kaiser 15.08.13

    Da schwitzt man schon beim lesen, aber schön das ihr angekommen seit, manchmal muß man halt einfach vertrauen. Viel Spaß noch und gebt auf euch acht;-)

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